Personalisierte Diabetes-Prävention: Geschlechtsspezifische Unterschiede im Fokus
Zuckerreiche Ernährung ist einer der Risikofaktoren für Diabetes Typ 2. Doch nicht nur die Ernährung ist ein Punkt, an dem sich gegensteuern lässt, meint Dr. Anne Collisi
Prävention
Frau Dr. Collisi, was sagt der Insulinspiegel über uns aus?
Der Insulinspiegel ist die Menge von Insulin, die sich im Blut befindet. Wenn wir Nahrung mit Kohlenhydraten zu uns nehmen, reagiert unsere Bauspeicheldrüse damit, Insulin zu produzieren und in den Blutkreislauf zu geben – der Insulin spiegel steigt also, ehe er sich wieder auf einem normalen Level einpendelt. Durch eine Blutuntersuchung ist es möglich, den sogenannten HOMA Index zu bestimmen. Das ist der Quotient aus Nüchternblutzucker und Insulinspiegel, um zu prüfen, ob eine beginnende Störung im Zuckerstoffwechsel vorliegt, die dem Diabetes zeitlich viele Jahre vorausgeht.
Wofür wäre das ein Anzeichen?
Das wäre der Vorbote eines Diabetes oder Prädiabetes. Anders als beim seltenen Typ-1-Diabetes, der eine Autoimmunerkrankung ist und durch einen absoluten Insulinmangel gekennzeichnet ist, entwickelt sich der Typ-2-Diabetes meist zunächst unbemerkt. Da eindeutige Warnsymptome fehlen, ist es wichtig, die Vorboten im Auge zu behalten, denn die Folgeerkrankungen bei Typ-2-Diabetes, wie Nierenschäden, Netzhautschädigungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, sind erheblich.
Was sind die größten Risikofaktoren für eine Diabetes-Typ-2 Erkrankung?
Hohes Bauchfett, zuckerreiche Ernährung und familiäre Vorbelastung mit Diabetes erhöhen bei allen Menschen das Risiko, an Diabetes zu erkranken. Vorbote neben dem erhöhten Bauchumfang und den genannten Blutwerten ist auch eine leicht im Ultraschall über Jahrzehnte und bleibt festzustellende Fettleber. Es gibt zudem geschlechterspezifische Unterschiede. Bei Frauen steigt das Risiko, wenn sie während einer Schwangerschaft Diabetes entwickelt haben oder andere frauenspezifische Risikofaktoren aufgetreten sind. Auch wenn sie sehr früh in die Menopause kommen, haben sie ein erhöhtes Risiko. Überhaupt die Wechseljahre: Frauen reagieren nicht mehr so gut auf Insulin. Meist erkranken sie in späteren Lebensabschnitten an Diabetes, während Männer eher im jüngeren Lebensalter erkranken. Die veränderte Reaktion auf Insulin bei Frauen hängt unter anderem mit der Hormonumstellung zusammen, wie dem Östrogenabfall. Dieser führt auch dazu, dass fast jede zweite Frau Bluthochdruck nach den Wechseljahren entwickeln kann. Ein Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Wenn Frauen eine Prädiabetes oder Diabetes haben, dann ist ihr Risiko, einen Herzinfarkt, Schlaganfall oder Ähnliches zu erleiden, drei- bis viermal so hoch wie bei Männern.
Fast jeder zweite Typ-2 Diabetes lässt sich wieder rückgängig machen.
Sie helfen Ihren Klient:innen auch dabei, langfristig gesund zu bleiben. Beeinflusst Insulin auch, wie wir altern?
Ja, Insulin ist ein Alterungshormon. An Zellen und Gefäßen kommt es im Laufe des Lebens zur Verzuckerung. Das kann man sich wie einen Karamellisierungsprozess vorstellen. Sogenannte Advanced Glycation Endproduct (AGE)-Proteine entstehen. Sie schädigen Gewebe und Zellen, fördern Entzündungen. Wir wissen heute, dass vielen Erkrankungen und dem Alterungsprozess häufig Entzündungen zugrunde liegen. Erkennbar an den Gefäßen, an der Netzhaut, im Hirn und an der Niere. Ein lange hoher Insulinspiegel, ein erhöhter Blutzucker spiegel können mehrere Jahre gesunden Lebens kosten.
Was lässt sich tun?
Eine häufige Fehlannahme ist, dass man den Typ-2-Diabetes mit Insulin behandeln muss. Tatsächlich ist der Insulinspiege bereits zu hoch, weil sich eine Insulinresistenz gebildet hat. Doch es gibt eine gute Nachricht: Fast jeder zweite diagnostizierte Diabetes des Typ 2 lässt sich wieder rückgängig machen. Eine 2018 erschienene schwedische Studie hat gezeigt, dass es verschiedene Cluster für Diabetes gibt. Diese Cluster helfen, eine passende Behandlung zu entwickeln. Dazu gehören zum Beispiel eine individuelle Ernährungsberatung und Trainingspläne, wobei der Fokus ganz klar auf der Ernährungsumstellung liegt. Noch größer sind die Erfolgsaussichten, wenn wir bereits in der Entwicklung eines Prädiabetes oder Diabetes ansetzen.
In den Check-ups erstellen wir daher eingenaues Risikoprofil und kontrollieren auch den Insulinspiegel.
Teil des Check-up
- Blutuntersuchung mit Check des Insulinspiegels
- Beratung zu Ernährung und Training Herz, Kreislauf, Lunge prüfen
- ausführliche Anamnese lebensphasenspezifische Beratung
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