Länger leben, gesund bleiben
In unserer neuen Serie beschäftigen wir uns damit, wie Menschen die Grundlagen für gesundes Altern legen können. Zum Auftakt führt Dr. Anne-Kathrin Collisi in den Stand der modernen Alternsforschung ein
Fit bis 100
Dr. Anne-Kathrin Collisi
Leitung des Berliner Standorts von ias PREVENT, Fachärztin für Innere Medizin und Expertin für gendergerechte Medizin.
Frau Dr. Collisi, die Menschen werden immer älter, die Zahl der über 100 Jahre alten Männer und Frauen steigt. Wird dieser Trend anhalten?
Es stimmt, in den vergangenen 150 Jahren hat sich unser Lebensalter nahezu verdoppelt. Dieser Trend dürfte sich fortsetzen, sodass die Millennials, die bis zur Jahrtausendwende Geborenen, zum Großteil 100 Jahre alt werden. Entscheidend ist aber nicht, dass sich die Zahl der Lebensjahre erhöht – viel wichtiger ist eine Ausdehnung der sogenannten healthy span, der gesunden Lebenszeit. Bislang gehören zum Alter auch viele Jahre der Krankheit. Diese Phase sollten wir versuchen zu minimieren.
Wie kann das gelingen?
Zunächst einmal: Alter selbst ist keine Krankheit, wohl aber ein entscheidender Risikofaktor bei der Entstehung vieler Krankheiten. Darum ist es wichtig zu verstehen, warum wir altern und was wir selbst dagegen tun können. Dann gilt es, die Gesundheitskompetenz des einzelnen Menschen, aber im Arbeitskontext auch der Unternehmen, zu erhöhen. Schließlich gilt es zu klären, wo und wann wir am besten ansetzen. Wobei das „Wann?“ leichter zu beantworten ist.
Wann ist denn der optimale Zeitpunkt?
So früh wie möglich. Im Idealfall beginnt es schon vor der Geburt, hier werden durch epigenetische Einflüsse beider Elternteile entscheidende Weichen gestellt. Auch im Kindes- und Jugendalter lassen sich bereits wichtige Grundlagen legen. Und im Erwachsenenalter gilt es, spezifisch zur jeweiligen Lebensphase zu handeln.
Und wo können wir ansetzen, wie weit ist da die Forschung?
Die Alternsforschung ist in den vergangenen Jahren entscheidende Schritte weitergekommen. So wissen wir etwa mittlerweile, dass Altern auf der Zellebene, der molekularbiologischen Ebene sowie der genetischen Ebene und deren Kommunikation abläuft. Und es ist deutlich geworden, dass die genetischen Einflüsse nur rund 30 Prozent ausmachen – die epigenetischen Einflüsse also viel wichtiger sind.
Welche sind das?
Dazu zählen zum Beispiel Ernährung, Bewegung und Stressregulation sowie Dauer und Qualität des Schlafes. Diese Faktoren können Gene wie Lichtschalter an- und ausschalten. Ein Beispiel: Ein Mensch mit einer genetischen Veranlagung zu einer Zuckerkrankheit könnte deren Ausbruch durch die genannten Faktoren hinauszögern oder gar ganz verhindern. Mit weiteren Erkenntnissen zum Alterungsprozess, etwa zu stillen Entzündungen oder der Energiekrise der Zellen, insbesondere der Mitochondrien, wird sich auch die Präventionsmedizin weiter wandeln.
Welche Entwicklung zeichnet sich da ab?
Die Präventionsmedizin wird schon jetzt immer mehr zu einer Präzisionsmedizin. Künftig wird es noch stärker darauf ankommen, gendersensibel und lebensspezifisch zu beraten. Das hilft Unternehmen, die ihre Beschäftigten dabei unterstützen, lange fit und gesund zu leben und zu arbeiten.
Was sind "Blaue Zonen"?
In einigen Regionen der Welt leben Menschen durchschnittlich länger und gesünder. Fünf dieser „Blue Zones“ (Begriff geht auf Dan Buettner zurück) oder „Blauen Zonen“ gibt es. Beim Vergleich der Lebensumstände gibt es eine große Schnittmenge zwischen ihnen:
- Familie – wichtiger als andere Anliegen
- Menschen aller Altersgruppen sind sozial aktiv und in ihre Gemeinschaften integriert
- mäßig, aber ständig körperlich aktiv
- verzehrte Nahrung ist überwiegend pflanzlich, Hülsenfrüchte haben einen großen Anteil
- Verzicht auf Nikotin
Der Lebensstil in diesen Regionen könnte als Blaupause für andere Menschen weltweit dienen. Fachleute schauen dabei vor allem auf Faktoren wie Bewegung, Ernährung und Umgang mit Stress sowie Regeneration.
ias PREVENT
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