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Cannabis im Arbeitsschutz

Die Teillegalisierung von Cannabis stelle eine Herausforderung für den Arbeitsschutz dar, weiß Dr. med. Ute Mohr, Fachärztin für Arbeitsmedizin. Sie informiert über die aktuelle Gesetzeslage und gibt Tipps, wie Unternehmen darauf reagieren sollten.

Arbeitsschutz

Dr. Ute Mohr

Fachleitung Arbeitsmedizin Ost/Nordost/West
Fachreferentin Verkehrsmedizin
Fachärztin für Arbeitsmedizin / Innere Medizin

Cannabisteillegalisierung

Als der Bundestag am 23. Februar 2024 die Cannabisteillegalisierung beschloss, stellten sich viele Menschen so einige Fragen: Wie viel Cannabis ist für den Privatbesitz gestattet? Darf man mit THC im Blut einen Zug fahren? Und welche Regeln gelten für das Mitführen und den Konsum von Cannabis im Betrieb? Denn besonders in Sachen Arbeitsschutz sollten sowohl Arbeitgebende als auch Mitarbeitende informiert und aufgeklärt sein. Schließlich kann regelmäßiger Cannabis-Konsum Nebenwirkungen wie eine allgemeine Leistungsminderung, Gedächtnislücken oder Unkonzentriertheit auslösen. Einschränkungen, die insbesondere in Tätigkeitsbereichen wie dem Verkehrswesen schwerwiegende Folgen verursachen können. „Erste Schritte für den verantwortungsbewussten Umgang mit Cannabis im betrieblichen Kontext stellen aus diesem Grund klare Regeln sowie die Schulung und Aufklärung von Führungskräften und Belegschaft dar“, erklärt Dr. med. Ute Mohr, Fachärztin für Arbeitsmedizin.

Was ist Cannabis? Risiken und Nebenwirkungen des Konsums

Cannabis ist eine Pflanzengattung, die zur Familie der Hanfgewächse gehört. Einige Pflanzenteile verschiedener Hanfsorten dienen der Gewinnung von Arzneistoffen, andere werden aufgrund ihres Gehalts an Tetrahydrocannabinol (THC) als Rauschdroge konsumiert. Ein nur scheinbares Vergnügen, welches so einige Risiken und Nebenwirkungen birgt. So kann der regelmäßige oder übermäßige Konsum Negativ-Effekte wie unter anderem Übelkeit, Angstgefühle, Herzpochen und Erinnerungslücken bis hin zu depressiven Verstimmungen auslösen oder gar in einer Sucht gipfeln und somit psychisch sowie körperlich abhängig machen. „Entscheidend sind jedoch stets die Häufigkeit und die Menge des Cannabiskonsums sowie der THC-Gehaltweiß die Fachärztin. Die streng dosierte Einnahme von Medizinalcannabis ist folglich nicht mit extensiverem bis hin zu exzessivem Freizeitkonsum zu vergleichen.

Entscheidend sind stets die Häufigkeit und die Menge des Cannabiskonsums sowie der THC-Gehalt.

Dr. med. Ute Mohr

Fachärztin für Arbeitsmedizin

Cannabis verändert den Arbeitsschutz

Die Teillegalisierung von Cannabis umfasst zunächst einmal die Erlaubnis für den privaten Eigenanbau von bis zu drei Cannabis-Pflanzen für den Eigenkonsum sowie den gemeinschaftlichen, aber nicht-gewerblichen Eigenanbau für den Eigenkonsum in Anbauvereinigungen bzw. Genossenschaften für Erwachsene. In einem zweiten Schritt soll die Abgabe an lizensierte Fachgeschäfte erfolgen.

 

Doch was bedeutet die Teillegalisierung für Arbeitgeber – welche Verantwortung in Sachen Arbeitsschutz tragen sie zukünftig?

In erster Linie bedarf es Aufklärung und der Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilung und der Aktualisierung oder Erstellung einer Betriebsvereinbarung. Je nach Branche und Tätigkeitsfeld sollten Betriebe stets prüfen, ob spezielle Gefährdungen oder Risiken durch Cannabiskonsum bestehen. Dies betrifft vor allem Unternehmen in Branchen wie dem Verkehrs- oder Bauwesen, deren Mitarbeitende sicherheitsrelevante Tätigkeiten wie Maschinenbedienung oder Fahrdienste ausführen. So sieht das neue Gesetz für die Teilnahme am Straßenverkehr einen von einer Expertenkommission festgelegten Grenzwert von 3,5 Nanogramm THC vor. 

Bis die Gesetzesänderung in Kraft tritt, gilt allerdings weiterhin der in der Rechtsprechung verankerte Wert von 1 Nanogramm je Milliliter Blut. Die unklaren Auswirkungen auf die Sicherheit bei der Arbeit und im Straßenverkehr werden dennoch weiterhin überaus kontrovers diskutiert. Zwar verbietet das Gesetz Cannabiskonsum am Arbeitsplatz nicht, Unfallkassen und Berufsgenossenschaften empfehlen Arbeitgebenden aber dennoch dringend, Cannabis am Arbeitsplatz zu untersagen.

Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) formulierte zudem bereits ein klares Statement mit dem Titel: „NULL Alkohol und NULL Cannabis bei Arbeit und Bildung“. Eine starke Positionierung, der sich auch der ADAC anschließt, und dafür plädiert, „[…]dass Personen, die unter der Wirkung von Cannabis stehen, kein Kraftfahrzeug führen sollen." Eine bereits bestehende Grundlage für diese Forderung bildet die Unfallverhütungsvorschrift „Grundsätze der Prävention“ der DGUV (DGUV Vorschrift 1). Diese besagt, dass Arbeitgebende nach § 7 dazu verpflichtet sind, Arbeitsaufgaben Personen nicht aufzutragen, die erkennbar nicht in der Lage sind, diese ohne Gefahr für sich oder andere auszuüben. § 15 schreibt zudem vor, dass sich Mitarbeitende durch den Konsum von Alkohol, Drogen oder anderen berauschenden Mitteln nicht in einen Zustand versetzen dürfen, durch den sie sich selbst oder andere gefährden können.

Unterstützung für Unternehmen und Führungskräfte: Beratung durch Expertinnen und Experten

„Um einen pflichtbewussten Umgang mit Cannabis zu fördern und gleichzeitig das Bewusstsein für betriebliche Regelungen zu schärfen, empfehlen wir Unternehmen, ihre Präventionskonzepte anzupassen und Führungskräfte sowie Mitarbeitende speziell zu schulen“, rät Dr. med. Ute Mohr, Fachärztin für Arbeitsmedizin bei der ias-Gruppe. Schließlich dürften Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber proaktiv handeln, um die Sicherheit und das Wohlbefinden ihrer Mitarbeitenden zu fördern. Folglich sollten Führungskräfte wissen, wie sie in Verdachtsfällen oder bei Verstößen reagieren. Dies erfordert spezielle Schulungen und professionelle Aufklärung sowie Sensibilisierung für die Risiken von Cannabiskonsum, damit leitende Angestellte in der Lage sind, frühzeitig Hilfe anzubieten oder heranzuziehen. 

Eine wichtige Aufgabe, bei der die Expertinnen und Experten der ias-Gruppe Unternehmen mit Angeboten wie Workshops zum Thema Suchtprävention, darüber hinaus aber auch mit dem Aufdecken und dem anschließenden Abbau von Substanzmissbrauch fördernden Arbeitsbedingungen, psychosozialer Beratung oder Suchtberatung (EAP-Angebot für Mitarbeitende) unterstützen. „Es gilt, die Thematik zu enttabuisieren und nicht wegzuschauen. Indem Unternehmen Aufklärung fördern und Hilfsangebote schaffen, etablieren sie einen verantwortungsbewussten Umgang mit Suchtmitteln am Arbeitsplatz. Dabei sind wir ihnen mit unserer Expertise und Erfahrung gerne behilflich“, bestätigt Dr. med. Ute Mohr. Schließlich zeigen Zahlen schon heute: Cannabis ist die in Deutschland am häufigsten konsumierte Substanz. Wie die schrittweise Legalisierung den Konsum weiterhin beeinflusst, bleibt abzuwarten. Aber auch in diesem Fall gilt: Prävention ist nachhaltig und mindestens ebenso wichtig wie Intervention. 

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