Menopause – Biologische Veränderungen verstehen
Über die Wechseljahre wird nur wenig gesprochen – dabei sind Millionen Frauen betroffen. Dr. Anne-Kathrin Collisi, Expertin für Frauengesundheit, spricht über die Herausforderungen im Berufsleben, unerkannte Symptome und mögliche unterstützende Maßnahmen.
FRAUENGESUNDHEIT
Dr. med. Anne-Kathrin Collisi
Leitende Ärztin ias PREVENT Berlin, Mitglied der Geschäftsleitung, Fachärztin für Innere Medizin, Gesundheitsförderung und Prävention (BÄK), Ernährungsmedizin (DGEM), fachgebundene genetische Beratung (BÄK), Hautkrebsscreening
Chancen und Herausforderungen im Kontext der Arbeitswelt
Ein Großteil der Frauen zwischen 40 und 60 Jahren ist heute berufstätig und stellt weltweit die am schnellsten wachsende Population dar. Die späten Berufsjahre bieten ihnen oft die Gelegenheit, sich beruflich neu zu orientieren, beispielsweise wenn die Kinder aus dem Haus sind und die persönliche Unabhängigkeit steigt. Zeitgleich treten in dieser Lebensphase die Prä-, Peri- und frühe Postmenopause auf, die im Alltag mit beeinträchtigenden Beschwerden einhergehen können und etwa 10 Millionen Frauen in Deutschland betreffen.
Obwohl diese Lebensphase so viele Frauen trifft, wird das Thema gesellschaftlich tabuisiert und häufig ignoriert. Betroffene Frauen schweigen aus Angst vor Stigmatisierung und Benachteiligung am Arbeitsplatz oft über ihre Beschwerden. Studien aus Großbritannien zeigen jedoch, dass Wechseljahresbeschwerden die berufliche Entwicklung der Frauen negativ beeinflussen können. Etwa zwei Drittel der Frauen leiden unter Beschwerden, circa ein Drittel davon sogar unter schwerwiegenden Symptomen, die neben gesundheitlichen Problemen und einer Beeinträchtigung der Lebensqualität auch zu Leistungseinbußen im Arbeitskontext führen.
Dabei sind gerade diese hochqualifizierten und erfahrenen Frauen entscheidend, insbesondere angesichts des Fachkräftemangels, der bereits heute über 20 Prozent der deutschen Unternehmen betrifft. Die Benachteiligung von Frauen im Gesundheitswesen in Bezug auf Endometriose und die Folgen der Menopause verursacht laut dem Bericht „Closing the Women’s Health Gap“ des Weltwirtschaftsforums jährlich einen Verlust von fast einer Billion Euro für die Weltwirtschaft.
Notwendigkeit von Unterstützung und Aufklärung
Um die Lebensqualität und Leistungsfähigkeit der betroffenen Frauen zu erhalten, benötigen sie neben Aufklärung über die biologischen Veränderungen innovative Unterstützungsangebote am Arbeitsplatz. Obwohl die Wechseljahre ein regulärer biologischer Abschnitt und keine Krankheit sind, können Symptome wie Hitzewallungen, Schlafstörungen und Konzentrationsschwierigkeiten erheblich beeinträchtigen.
Gerade in den späteren Berufsjahren, in denen viele Frauen beruflich durchstarten möchten, fühlen sie sich durch diese Beschwerden oft ausgebremst. Aufgrund der gesellschaftlichen Tabuisierung sprechen betroffene Frauen ihre Situation am Arbeitsplatz oft nicht an, obwohl die Beschwerden ihre Karriereentscheidungen beeinflussen können. Beförderungen werden abgelehnt, Arbeitszeiten reduziert oder der vorgezogene Renteneintritt gewählt.
Dabei ist unsere Lebenserwartung heute so hoch wie nie zuvor und wir alle möchten dieses lange Leben so gesund und selbstbestimmt wie möglich genießen. Vorsorge und Prävention gewinnen auch in diesem Kontext zunehmend an Relevanz.
Die Phasen der Wechseljahre
Der Begriff Menopause bezeichnet den Zeitpunkt des letzten Monatszyklus einer Frau. Die Prämenopause umfasst den Abschnitt der Wechseljahre vor der Menopause; sie beginnt bei den meisten Frauen mit Anfang/Mitte 40, erste Anzeichen können aber auch schon früher auftreten. Die Symptome sind häufig unspezifisch und werden oft nicht direkt mit den Wechseljahren in Verbindung gebracht.
Der Zeitraum unmittelbar vor und nach der Menopause wird als Perimenopause bezeichnet. Erst zwölf Monate nach der letzten Menstruation kann mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass diese tatsächlich die letzte war, woraufhin die Postmenopause beginnt. Die Wechseljahre umfassen die gesamte Phase des hormonellen Übergangs durch die verminderte Produktion von Geschlechtshormonen, die deutlich vor der Menopause einsetzt und oft noch einige Jahre danach andauert. Frauen in Deutschland erleben die Menopause im Durchschnitt mit 51 Jahren, sie kann aber auch merklich früher oder erst Mitte 50 eintreten.
Symptome
Die meisten Symptome, die Frauen während der Wechseljahre erleben, treten bereits in der Perimenopause auf und setzen sich fort, während sie in die Menopause übergehen. Oft denkt man bei den Wechseljahren vor allem an Hitzewallungen, doch tatsächlich umfassen sie 30 bis 40 verschiedene Symptomkomplexe, die von den betroffenen Frauen häufig nicht direkt mit dieser Phase in Verbindung gebracht werden.
Der Rückgang der Hormone Östrogen und Progesteron in den Wechseljahren führt zu Veränderungen in verschiedenen Körperfunktionen und Organsystemen. Die Hormone beeinflussen nicht nur die Fortpflanzungsfähigkeit, sondern auch andere wichtige Regelkreise, wie den Wasserhaushalt, das Herz-Kreislauf-System, das Gehirn und die Knochen. Dieser hormonelle Rückgang kann Erkrankungen wie Bluthochdruck, Herzinfarkte, Diabetes und Osteoporose begünstigen. Daher sind Prävention und Früherkennung entscheidend, um diesen Veränderungen rechtzeitig gegensteuern zu können.
Hormone sind nicht gleich Hormone
Die öffentliche Berichterstattung zum Thema Hormone zeichnet sich oft durch widersprüchliche Tendenzen aus – einerseits Warnungen vor möglichen Gefahren, andererseits Versprechungen verjüngender Wirkungen. Es ist daher nachvollziehbar, dass viele Frauen in Bezug auf dieses Thema verunsichert sind. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, einige zentrale Fakten korrekt einzuordnen: Die Ergebnisse der Women’s Health Initiative (WHI)-Studie, die zu der alarmierenden Einschätzung „Hormone machen krank“ führte, wurden in einer Metaanalyse neu bewertet und eingeordnet. Zum einen erfolgte die Gabe künstlicher Hormone, mit zwar ähnlichen Wirkungen wie körpereigene Hormone, die jedoch erhebliche Nebenwirkungen verursachen können.
Frauen sind nicht gleich Frauen
Der zweite Kritikpunkt bezieht sich auf die Studiendesigns. In der Weiterentwicklung des Hormonersatztherapie-Konzepts hat sich gezeigt, dass der Zeitpunkt der Behandlung eine entscheidende Rolle spielt. In der WHI-Studie waren die teilnehmenden Frauen im Durchschnitt bereits 63 Jahre alt und wiesen oft altersbedingte Vorerkrankungen auf. Heutige Erkenntnisse deuten darauf hin, dass es ein „optimales Zeitfenster“ für die Hormonersatztherapie gibt, welches in der Perimenopause, also den Jahren vor der Menopause, beginnt und etwa 7 bis 10 Jahre nach der letzten Menstruation endet. Frauen, die eine Hormonersatztherapie in Betracht ziehen, müssen folglich auf den richtigen Zeitpunkt achten.
Was Frauen tun können:
Frauen sollten sich in Bezug auf Hormonbehandlungen während der Wechseljahre vor allem bewusst und informiert entscheiden. Die Leitlinien der Fachgesellschaft für Gynäkologie empfehlen Ärzt:innen, Frauen umfassend über Symptome, Behandlungsmöglichkeiten sowie deren Nutzen und Risiken aufzuklären. Bei der Entscheidung für eine Hormonersatztherapie sollten im günstigsten „Zeitfenster" bioidentische Hormone eingesetzt werden. Im Falle eines Östrogenersatzes ist eine transdermal applizierte Form vorzuziehen (Pflaster, Gele oder Cremes), während bei der Progesterongabe eine orale Gabe oder vaginale Applikation gewählt wird. Östriolzäpfchen und Cremes beugen einer vulvovaginalen Atrophie wirksam vor. Sprechen Sie Ihre Frauenärzt:in an und nutzen Sie Ihre Check-up-Untersuchung für eine Beratung und Beurteilung sowie Einordnung von Risikofaktoren.
Was Unternehmen tun können:
Unternehmen können Frauen durch gezielte Informationsangebote, beispielsweise im Rahmen betrieblicher Gesundheitsförderung, unterstützen. Im Rahmen unserer Check-up-Untersuchungen beraten wir Sie ausführlich über diese wichtige individuelle Lebensphase.
ias PREVENT
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