Eine Idee nimmt Fahrt auf
Die Handwerkskammer der Pfalz hat das Thema digitaler Stress auf die Agenda gehoben – und in einem Pilotprojekt Erfahrungen gesammelt, wie sich Mitarbeiter davor schützen lassen
Spezial
Dr. Till Mischler hört aufmerksam zu: Im Radio spricht Prof. Henner Gimpel über den Zusammenhang von Digitalisierung und Stress. Henner Gimpel ist an der Uni Augsburg beheimatet, leitet die Projektgruppe Wirtschaftsinformatik des Fraunhofer FIT, hat eine Professur an der Universität Augsburg für Wirtschaftsingenieurwesen und ist Leiter des Forschungsprojektes PräDiTec „Prävention für sicheres und gesundes Arbeiten mit digitalen Technologien“. Dr. Mischler wiederum ist Hauptgeschäftsführer
der Handwerkammer der Pfalz. Diese betreut 18.000 Handwerksbetriebe vom Fleischer bis zum Dachdecker – und das zunehmend digital. Das Thema digitaler Stress erscheint ihm wichtig. Nach dem Beitrag ist er überzeugt: Es gehört auf seine Agenda. Er möchte dafür auf der anstehenden Personalversammlung der Handwerkskammer sensibilisieren. Also bucht er einen Vortrag für die nächste Personalversammlung. Bei dieser Gelegenheit stellt der Redner ein Pilotprojekt vor. Am Ende steht fest: Die Handwerkskammer wird zum Objekt der Wissenschaft.
„Der Pilot ist jüngst abgeschlossen worden, die Erkenntnisse aber werden sich langfristig bemerkbar machen“, sagt Matthias Sopp, Personalleiter und Geschäftsbereichsleiter, der vielleicht größte Unterstützer des Projektes bei der Handwerkskammer der Pfalz in Kaiserslautern. Sie haben die neu entwickelten Tools vom Workshop über Blended Learning bis zum Web Based Training erstmalig bei sich testen können. Er ist überzeugt – innerhalb des Pilotprojektes konnten persönliche Kompetenzen
entwickelt, Maßnahmen aufgebaut und verankert werden, die digitalen Stress reduzieren helfen oder ihn vermeiden, bevor er entsteht.
Wir können weder auf das Wissen der jungen Mitarbeiter verzichten noch darauf, bereits lang erarbeitetes Know-how zu verlieren.
Was wurde erarbeitet? Was hat Bestand?
Die Tools für einen gesunden Umgang mit digitalen Technologien standen den rund 210 angestellten Mitarbeitern in der Hauptverwaltung und den Handwerksmeistern an den Lehrstätten zur Verfügung. Die Teilnahme war freiwillig und hat sich daher durch eine hohe Motivation und intensive Zusammenarbeit ausgezeichnet.
Neugier und Freude stehen neuen Belastungen entgegen. Deshalb wurden im Pilotprojekt zusätzlich „Multiplikatoren“ eingesetzt: Das sind Kollegen, die sich freiwillig als Ansprechpartner für andere Mitarbeiter durch Schulungen, Workshops und Supervision haben qualifizieren lassen. Sie können Veränderungen systemisch oder im Einzelfall anregen, wenn sie feststellen, dass die Kommunikation im digitalen Umfeld an einigen Stellen noch nicht ausreicht. In einer Arbeitsgruppe werden sie sich über ihre Beobachtungen austauschen und Anregungen an die Entscheidungsträger weiterleiten.
Es sind vor allem die moderierten Workshops der Arbeitsgruppen, die von allen Maßnahmen am nachhaltigsten wirken, ist Sopp sicher. „Die unmittelbare Zusammenarbeit trägt die größten Früchte.“ Als ein Beispiel nennt er das frisch erarbeitete „Digitale Kommunikationsleitbild“, das in den nächsten Jahren wirken soll und in einem Workshop des Pilotprojektes seine Geburt erlebte.
Das Projekt hat einmal mehr verdeutlicht, wie wichtig es dabei ist, alle Mitarbeiter stärker in Veränderungsprozesse einzubinden. Die neue Kommentarfunktion im überarbeiteten Intranet löst den Flurfunk jetzt in weiten Teilen ab. Hier wurde beispielsweise die erste Fassung des Digitalen Kommunikationsleitbildes zur Diskussion gestellt. Es wurde mit Anregungen der Mitarbeiter ergänzt. Die Transparenz und die gemeinsame Arbeit am Leitbild werden dafür sorgen, dass es für die kommenden Jahre gelebt werden kann. Für künftige Themen ist dies ein gutes Modell: „Wir werden auch weiterhin mit externen Experten in offener Atmosphäre gemeinsam arbeiten. Das könnten von den neu geschulten ‚Multiplikatoren‘ identifizierte Themen sein“, so Sopp.
Mitarbeiter sind prinzipiell sehr offen für Neues, möchten aber Unterstützung bekommen. Für die Transformation der Handwerkskammer vom Kundenkontakt bis zur Berufsorientierung war das Projekt sehr hilfreich, ist Sopp überzeugt: „Wir haben in ein gemeinsames Ziel investiert und sind methodisch geschult. Das sind die besten Voraussetzungen dafür, dass uns Veränderungen auch in Zukunft immer besser gelingen.“ Das sei wichtig für eine zielgruppengerechte Ansprache der Mitglieder, aber auch für einen beständigen Mehrwert der Handwerkskammer bei sich ändernden Bedingungen. Das Projekt hat zu einem grundsätzlich besseren Verständnis von Problemen beigetragen, die durch Kommunikation auf digitalen Wegen entstehen können. Sopp ist überzeugt: „Dieses Wissen ist auch wichtig für die Kommunikation mit dem Kunden.“
Gehört, getestet, umgesetzt: Die Geschichte von der Entstehung und Durchführung des Projektes hat einmal mehr die Offenheit und Innovationsfreude bei der Handwerkskammer unter Beweis gestellt.
Wichtige Schritte
Das Pilotprojekt setzte auf Präsenztools und digitale Instrumente.
Wichtig waren zudem:
- Multiplikatoren als freiwillige Ansprechpartner
- Arbeitsgruppen
- Intranet mit Kommentarfunktion
- digitales Kommunikationsleitbild
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