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Auf Herz und Nieren

Fast jedes zweite Herzversagen geht mit einer Nierenerkrankung einher. Warum das so ist und was Sie dagegen tun können, erklärt Nierenspezialist Dr. Adil Akman, leitender Arzt der ias PREVENT Hamburg.

PRÄVENTION

Osteoporose – nur ein Frauenproblem? Fakten und Prävention

Dr. med. Adil Akman

Leitender Arzt ias PREVENT Hamburg, Facharzt für Innere Medizin und Nephrologie

Warum die Nieren mehr Aufmerksamkeit brauchen

Wer etwas auf Herz und Nieren prüft, schaut genau hin. Dies lohnt sich allerdings nicht nur im übertragenen Sinne, sondern auch ganz konkret. Aktuelle Studien zeigen eine enge Verbindung zwischen Herz- und Nierenerkrankungen. Fast die Hälfte der etwa 4 Millionen Patient:innen mit Herzinsuffizienz (CF) in Deutschland weist zugleich eine chronische Nierenerkrankung (CKD) auf. Umgekehrt tragen die knapp 9 Millionen Menschen mit chronischer Nierenerkrankung ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko - also ein hohes Risiko für Herzinfarkt oder Schlaganfall. Gesunde Lebensgewohnheiten und insbesondere die richtige Prävention können beide Organe langfristig schonen und stärken.

Die Wechselwirkung zwischen Nieren und Herz

Das Herz und die Nieren sind durch den Blutkreislauf eng miteinander verbunden. So sorgt das Herz dafür, dass die Nieren gut durchblutet werden, während sie Giftstoffe aus dem Blut herausfiltern und den Flüssigkeitshaushalt des Körpers regulieren. Gerät diese Verbindung aufgrund von Herz-Kreislauferkrankungen aus dem Gleichgewicht, wird die Durchblutung der Nieren beeinträchtigt, die Filterfunktion eingeschränkt und Abfallprodukte im Körper werden in geringerer Menge abtransportiert. Insbesondere eine bestehende Herzschwäche (Herzinsuffizienz) kann sich nachteilig auf die Nierenfunktion auswirken. Entsteht als Folge von beispielsweise Bluthochdruck oder eines Herzinfarktes eine Herzschwäche, so kann diese eine eingeschränkte Durchblutung der Nieren und eine Beeinträchtigung ihrer Funktionen auslösen. Zudem kann es bedingt durch die Herzschwäche zu Flüssigkeitsansammlungen mit Ödembildung kommen. Die Nieren sind dann nicht im Stande, die vermehrt angesammelte Flüssigkeit zu filtern und auszuscheiden. Umgekehrt kann eine eingeschränkte Nierenfunktion wiederum Bluthochdruck und Gefäßerkrankungen begünstigen.

ias PREVENT/Niere & Prozesse

Wenn die Filtrationsleistung der Nieren dauerhaft beeinträchtigt ist, liegt eine chronische Nierenkrankheit vor. Zu den möglichen Ursachen zählen Harnwegsinfektionen, Niereninfektionen, Diabetes mellitus, Bluthochdruck sowie erbliche Erkrankungen wie die polyzystische Nierenerkrankung (Zysten in den Nieren).

Für die Diagnose einer Nierenerkrankung werden zwei Werte herangezogen:

Glomeruläre Filtrationsrate (GFR): Eine Blutanalyse bestimmt den Kreatinin-Wert im Blut, um die Filtrationsleistung der Nieren zu bewerten. Der Test gibt Aufschluss darüber, wie effektiv Abfallstoffe aus dem Körper gefiltert werden. 

Albuminurie: Anhand eines Urintests wird die Menge des Proteins Albumin gemessen und überprüft, ob sie die Referenzwerte überschreitet. Ein erhöhter Wert kann auf eine Beeinträchtigung der Nierenfunktion hinweisen. 

Chronische Nierenschwäche: Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System

  • Bluthochdruck oder Verschlechterung eines bereits bestehenden Bluthochdrucks
  • Blutarmut durch Mangel an Eisen und Erythropoetin
  • Herzrhythmusstörungen bis zum Herzstillstand
  • Herzklappenfehler, Herzschwäche, aber auch Herzinfarkt und Schlaganfall durch verkalkte Arterien
Geschlechtsbedingte Unterschiede in der Nierenfunktion: Hormonelle Einflüsse, Krankheitsanfälligkeit und Auswirkungen während der Schwangerschaft.
ias PREVENT/Geschlechterspezifika

Geschlechterspezifika bei Nierenerkrankungen

Aufgrund eines hormonbedingten und natürlichen Nieren- und Gefäßschutzes schreiten Nierenerkrankungen bei Frauen zunächst langsamer voran. Die weiblichen Geschlechtshormone schützen betroffene Frauen folglich vor einem schnellen Abfall der Funktionen der Nieren – allerdings nur bis zu einem gewissen Stadium. Erreichen Patientinnen das fünfte Stadium einer chronischen Nierenerkrankung (terminale Niereninsuffizienz, auch bekannt als chronische Nierenschwäche im Endstadium), so reicht der hormonelle Schutz allein nicht mehr aus, um die Folgeschäden zu minimieren. Die chronische Niereninsuffizienz ist per se ein Risikofaktor für kardiovaskuläre Folgeerkrankungen, insbesondere ab dem Stadium der terminalen Niereninsuffizienz.

Die Folge: Die Mortalität von Frauen ist ab diesem Zeitpunkt ebenso hoch wie bei Männern. Zudem ist die chronische Nierenerkrankung besonders für schwangere Frauen mit erhöhten Risiken für Mutter und Kind verbunden. Sie betrifft rund fünf Prozent aller Schwangeren und erfordert intensive ärztliche Betreuung. Um das Stadium einer Nierenerkrankung frühzeitig zu erkennen, ist die Ermittlung der GFR eine wichtige Maßnahme. Aus diesem Grund ist die Prävention auch aus genderspezifischer Sicht so essenziell, da Frauen häufig zu spät leitliniengerecht behandelt werden, wie kürzliche Studien aus Schweden und Kanada belegten. Auffällige Nierenretentionsparameter (Laborwerte, die die Nierenfunktion widerspiegeln) gehören frühzeitig und konsequent abgeklärt, um Folgeschäden zu vermeiden.

Die richtige Prävention schützt Nieren und Herz

Im Falle von kombinierten Herz-Nieren-Erkrankungen geht es ganz allgemein um eine gesunde Lebensweise. Eine ausgewogene und salzarme Ernährung, regelmäßige Bewegung, der Verzicht auf Nikotin, ein moderater Alkoholkonsum, die Vermeidung von Übergewicht sowie eine ausreichende Flüssigkeitsaufnahme unterstützen Herz und Nieren in ihrer normalen Funktion.

Der Gesundheits-Check-up bietet eine gute Möglichkeit, eine chronische Nierenerkrankung frühzeitig zu erkennen. So werden chronische Nierenerkrankungen häufig zu spät entdeckt, da sie zunächst keine Symptome verursachen, stattdessen allerdings schleichend chronische Schäden anrichten. Im Rahmen der Vorsorgeuntersuchung werden der Blutdruck, der Kreatininwert im Blut und das Eiweißniveau im Urin gemessen. Nur diese umfassende Analyse ermöglicht eine aussagekräftige Beurteilung der Nierenfunktion. Regelmäßige Check-ups erlauben es Ärzt:innen, Veränderungen im Körper rechtzeitig zu erkennen. 

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